10-jährige Kinder ins Gefängnis zu stecken, klingt extrem. Das ist es auch.
Dennoch ist diese Idee in Australien nur allzu verbreitet. Letzte Woche hat das Northern Territory of Australia ein neues Gesetz verabschiedet, das das Alter der Strafmündigkeit von 12 auf 10 Jahre senkt. Damit steht es nicht allein: In den australischen Bundesstaaten New South Wales, Queensland, South Australia und Western Australia liegt das Alter der Strafmündigkeit ebenfalls bei nur 10 Jahren.
Der neue Vorstoß des Northern Territory bedeutet leider auch eine Umkehrung des Fortschritts. Erst vor zwei Jahren hatte die vorherige Regierung das Alter von 10 auf 12 Jahre angehoben.
Dies war eine Reaktion auf einen Bericht der Royal Commission aus dem Jahr 2017, in dem festgestellt wurde, dass Jugendstrafanstalten im Northern Territory „nicht für die Unterbringung, geschweige denn für die Resozialisierung von Kindern und Jugendlichen geeignet sind“. Unter anderem wurde dokumentiert, dass Kindern „der Zugang zu grundlegenden menschlichen Bedürfnissen wie Wasser, Nahrung und die Nutzung von Toiletten verweigert wurde“.
Ein wichtiger Punkt, den es hier zu verstehen gilt, ist auch der Hintergrund der inhaftierten Kinder. Kinder der First Nations sind im Strafrechtssystem des Northern Territory stark überrepräsentiert und machen 94 Prozent der Kinder unter 18 Jahren aus, die im Zeitraum 2022–2023 inhaftiert wurden.
Nun wird das Alter der Strafmündigkeit im Territorium von 12 auf 10 Jahre herabgesetzt, doch selbst 12 Jahre ist ein schreckliches Alter. Internationale Standards empfehlen, das Alter der Strafmündigkeit auf mindestens 14 Jahre festzulegen.
Dies ist nicht nur eine zufällig gewählte Zahl. Diese Festlegung basiert auf der Wissenschaft unseres menschlichen Gehirns.
Bei einem Kind unter diesem Alter ist der Präfrontalkortex im Frontallappen noch in der Entwicklung – das ist der Teil des Gehirns hinter der Stirn. Er ist an der kognitiven Informationsverarbeitung beteiligt, wie z. B. Planung, Strategieentwicklung und Organisation von Gedanken und Handlungen.
Diese Gehirnregion ist vor allem dafür zuständig, Risiken und die möglichen Folgen des eigenen Handelns zu verstehen. Es ist eine der letzten Regionen des Gehirns, die sich vollständig entwickelt, und zwar erst in den Zwanzigern.
Dass ein 10- oder sogar 12-jähriges Kind in der Lage ist, vollständig zu verstehen, dass etwas, das es tut, falsch ist, ist höchst fraglich. In diesem Alter die strafrechtliche Verantwortung für ihre Handlungen übernehmen zu lassen, widerspricht einfach jeder wissenschaftlichen Grundlage.
Na gut, mag man einwenden, aber selbst ein 10-jähriges Kind kann durch seine Handlungen viel Schaden anrichten, und die Behörden müssen etwas unternehmen, oder?
Klar, aber es gibt auch andere Möglichkeiten, außer sie als Kriminelle abzustempeln und in fürchterlichen Einrichtungen einzusperren. Es gibt viele Alternativen zu Haftstrafen und Maßnahmen als Reaktion auf rechtswidriges Verhalten, die viel altersgerechter wären.
Anstatt eine Politik zu verfolgen, die die Rechte von Kindern verletzt, sollte die Regierung des Northern Territory – und die Regierungen in anderen Teilen Australiens – das Alter der Strafmündigkeit auf mindestens 14 Jahre anheben und mehr in diese Alternativen investieren.
Behörden sollten keine zehnjährigen Kinder ins Gefängnis sperren.